Wir alle haben eigene Überzeugungen und Denkmuster zum Thema Lernen. Oft begegnen wir ihnen vor allem dann wieder, wenn unsere Kinder zur Schule gehen. Spätestens dann, wenn es mit dem Lernen einfach nicht so funktioniert. Und das kann viele Gründe haben. Einer davon ist sicherlich, dass wir im Alltag so manchen Lernmythen aufsitzen, ohne es zu wissen.
Weil irren menschlich ist und lernen Spaß macht, habe ich diesen Blogartikel geschrieben, in dem ich die häufigsten Irrtümer über das Lernen aufdecke. Und dir zeige, wie du dein Kind am besten beim Lernen unterstützen kannst. Für einen entspannten Familienalltag mit Schule und Lernen.
Lernmythen im Überblick: So irren wir uns übers Lernen
Viele der Lernmythen, die ich dir gleich vorstelle, habe ich selbst lange geglaubt. Bis das mit dem Lernen bei meinen Kindern einfach nicht so klappen wollte. Der Druck und die ständigen Versuche, alles richtig zu machen, haben mich und meine Kinder frustriert. Und wir haben uns immer mehr gestritten. Das konnte doch nicht der richtige Weg sein!
Da mir die Beziehung zu meinen Kindern wichtig war, habe ich angefangen, so manche Sätze, zu hinterfagen.Stimmt es wirklich, dass man (das 'man' ist schon mal ein sicheres Indiz für einen Glaubenssatz) Ruhe braucht beim Lernen? Und stimmt es, wenn das Ergebnis noch nicht so ist, wie es sein soll, dann muss man einfach mehr lernen!
In meiner LernCoaching-Ausbildung habe ich viele neue Formen des Lernens kennengelernt und so manche Mythen entlarvt.
Hier sind meine Top 10:
Lernmythos 1: „Nur mit Druck lernt man richtig!“
Vielleicht haben wir es selbst in der Schule oder im Elternhaus so erfahren - Lernen braucht Disziplin und einen gewissen Druck. Ein weit verbreiteter Irrtum.
Denn aktuellere Erkenntnisse zeigen, dass zu viel Druck das Lernen eher blockiert als fördert. Das Gehirn lernt am besten, wenn Freude und Neugier im Spiel sind. Bei Kleinkindern muss ja auch keine Disziplin und Druck herhalten, damit die Kinder lernen und ihre Welt entdecken. Das ist ein natürlicher Impuls.
Und auch Fehler sind wichtige Helfer beim Lernen: Kinder, die ohne Angst vor Fehlern lernen dürfen, entwickeln oft mehr Selbstvertrauen und Motivation.
Also darfst du ruhig den Druck rausnehmen und für eine entspannte Lernumgebung sorgen, in denen dein Kind Fehler machen und selbst Verantwortung übernehmen darf.
Lernmythos 2: „Viel Übung macht den Meister“
Klar, Üben ist wichtig. Denn von dem, was wir lernen, vergessen wir auch viel wieder: Nach 20 Minuten erinnern wir uns nur noch an 60% des Gelernten, am Ende des Tages nur noch an 34% und nach einer Woche sind es nur 21%.
Wichtig ist aber, richtig zu wiederholen. Weil zu häufige Wiederholungen unser Gehirn schnell langeweilen und das frustriert.
Was kannst du also stattdessen tun? Anstatt dein Kind wie ein Antreiber zum endlosen Üben und Wiederholen aufzufordern, setze stattdessen auf effektive Mini-Einheiten und sinnvolle Intervalle zum Wiederholen. Und manchmal reichen auch schon 5 Minuten. Denn das ist mehr, als gar nicht gelernt zu haben.
Beim Wiederholen setze ich auf die 1-1-1-Methode, damit das Wissen ins Langzeitgedächtnis rutscht:
Lernmythos 3: „Ohne gute Noten hat mein Kind keine Zukunft“
Sobald die Kinder in der Schule sind, dreht sich alles plötzlich nur noch um Noten. Ich kann mich gut erinnern, wie es mir ging, als mein Sohn in der Grundschule plötzlich mit einer 3+ nach Hause kam. Aber dieser Druck, gute Noten zu schreiben, hat einen großen Einfluss auf das Selbstwertgefühl deines Kindes.
Ich hatte das Glück, durch den Umzug in ein anderes Land ein anderes Schulsystem kennenzulernen. Dabei habe ich gelernt: Noten sind nicht alles. Damit mein Kind gut lernen kann, braucht es Spaß am Lernen. Und das kommt - wie wir jetzt wissen - nicht mit mehr Druck.
Ich sage in meinen LernCoachings gerne: Bindung vor Bildung. Vertrauen und eine stabile Eltern-Kind-Beziehung sind viel wertvoller als eine perfekte Zeugnisnote. Und wenn ich meinem Kind das nötige Vertrauen gebe, seine Aufgabe (die Schule) ohne Angst vor Fehlern zu meistern und die Sicherheit meiner Unterstützung, wenn sie gebraucht wird - dann klappt es auch mit dem Lernerfolg.
Lernmythos 4: „Kinder lernen nur unter Aufsicht“
Viele Eltern glauben, dass sie verantwortlich für den Lernerfolg ihres Kindes sind. Und deshalb auch am besten immer daneben sitzen sollten. Das führt oft zu Stress und Streit und belastet die Beziehung.
In meinem LernCoaching sage ich immer: Schule ist die Aufgabe des Kindes. Denn Kinder lernen besser, wenn sie eigenständig arbeiten und selbst Entscheidungen treffen dürfen. Das stärkt das Selbstvertrauen und die Freude am Lernen, weil sie merken, dass sie die Kontrolle über ihr Lernen haben. Deshalb sind Selbstmanagement und Selbstvertrauen übrigens auch zwei wichtige Säulen meiner GerneLerner-Methode.
Lernmythos 5: „Lerntypen sind visuell, auditiv und kinästhetisch“
Wenn du dich mit dem Thema Lernen beschäftigst, begegnet dir meistens auch schnell die Annahme, dass jedes Kind einem bestimmten Lerntyp entspricht. Dabei ist z.B. die Aufteilung in visuelle, auditive oder kinästhetische Lerntypen weit verbreitet. Aber so einfach ist das nicht.
Denn der Lernstil deines Kindes kann je nach Aufgabe und Situation unterschiedlich sein. Lernen ist flexibel: Kinder (und auch wir Erwachsenen) sind keine starren „Lerntypen“. Das Gehirn kann sich Dinge häufig am besten durch eine Kombination aus verschiedenen Lernmethoden merken.
Lass dein Kind doch einfach einmal verschiedene Techniken ausprobieren. Ich habe dir hier einen ganzen Werkzeugkoffer an effektiven Lernmethoden zusammengetragen, an dem ihr euch ausprobieren könnt.
Auch kannst du in meinem 0 € Quiz herausfinden, welcher Motivationstyp dein Kind ist - und du wirst sehen, dass es viel mehr gibt als nur visuell, auditiv und kinästhetisch, damti dein Kind gut lernen kann.
Lernmythos 6: „Lernen funktioniert nur in Ruhe“
Auch dieser weit verbreitete Irrtum reiht sich in die Listen der Lernmythen ein, die davon ausgehen, dass Lernen für alle gleich funktioniert.
Ja, für manche Kinder funktioniert das Lernen in Ruhe besser. Aber es gibt auch Kinder, die besser lernen, wenn sie sich bewegen oder Musik hören.
Am besten probiert dein Kind aus, was für es am besten funktioniert. Auch wichtig: Das kann auch von der Tagesform, Lernumgebung oder dem Thema abhängen.
Lernmythos 7: „Nur am Schreibtisch lernt man richtig“
Wenn wir ans Lernen denken, denken wir oft als erstes ans Klassenzimmer - oder an den Schreibtisch. Aber es ist ein Irrtum, dass der Schreibtisch der ultimative Lernort ist.
Und ich weiß, ich wiederhole mich jetzt, aber: Lernen ist flexibel. Was für das erste Kind passt, passt nicht unbedingt auch für das zweite. Für manche Kinder ist der Schreibtisch sogar einschränkend und unangenehm sein. Probiert doch einfach mal alternative Lernorte aus – sei es auf dem Boden, im Garten oder auf dem Sofa.
So ein Tapetenwechsel kann richtig guttun und unser Gehirn wieder aufnahmefähig machen. Wichtig ist, dass dein Kind sich wohlfühlt und den Platz flexibel wechseln kann.
Lernmythos 8: „Es gibt die eine perfekte Lernstrategie“
Wie schön wäre das? Es gibt die eine perfekte Lernstrategie. Wenn ich die kenne, läuft das Lernen wie von selbst. Leider funktioniert das Lernen so nicht.
Oder vielleicht auch zum Glück. Denn sonst wären wir ja alle gleich.
Aber wir sind alle einzigartig und jedes Kind lernt auf seine eigene Art und Weise. Du darfst als Elternteil dein Kind dazu ermutigen, seinen eigenen Weg zu finden. Probiert aus, wann, wo und wie dein Kind am effektivsten lernen kann.
Vielleicht hilft visuelles Lernen in einem Fach, während in einem anderen der Austausch mit Freunden besser funktioniert. Lass dein Kind experimentieren und gemeinsam entdeckt ihr, was am besten funktioniert.
Lernmythos 9: „Digitale Medien lenken nur ab“
Digitale Medien sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken. Und wie oft schauen wir selbst immer wieder auf unser Handy? Deshalb hat sich schnell die Auffassung durchgesetzt, dass digitale Medien beim Lernen eher ablenken und stören als helfen.
Und klar, wenn ich beim Lernen alle 10 Sekunden aufs Handy schiele, wird das mit dem Lernerfolg schwierig. Aber wenn ich Handy oder Laptop gezielt zum Lernen einsetze, kann ich dem Ablenkfaktor entgehen und habe stattdessen viele neue Lernmöglichkeiten. Lernvideos, Quizze, virtuelle Escape Rooms zu Unterrichtsstoff, Tools zum Brainstormen und Notizen machen - die Optionen, digitale Medien kreativ ins Lernen einzubinden, sind riesig.
Lernmythos 10: „Ohne klare Vorgaben lernt mein Kind nicht“
In der Liste der Lernmythen hält sich hartnäckig die Annahme, dass Schule und Lernen unsere Aufgabe als Eltern ist. Und dass wir unserem Kind deshalb auch strenge Zeitpläne und Vorgaben zum Lernen geben müssen, damit es erfolgreich lernen kann.
Das fühlt sich für dich als Mutter oder Vater vielleicht erstmal sicherer an, denn du hast die vermeintliche Kontrolle. Aber wir nehmen den Kindern damit auch die Chance, eigenständig zu lernen. Es ist wichtig, dass Kinder Selbstbestimmung erfahren und lernen, Verantwortung zu übernehmen. So entwickeln sie Selbstbewusstsein und das Gefühl der Selbstwirksamkeit - und sind von sich aus motivierter.
Lernmythen aufgedeckt: Der Schlüssel zu erfolgreichem und entspanntem Lernen
Was ist also das Fazit unserer aufgedeckten Lernmythen? Was lernen wir aus den Irrtümern übers Lernen? 🙂
Lernen ist individuell
Wir sind alle einzigartig wie Schneeflocken. Warum sollte also die gleiche Lernstrategie für alle funktionieren? Stattdessen darf dein Kind ausprobieren, wie, wo und wann Lernen am besten funktioniert.
Mehr Druck ist nicht mehr Erfolg
Wenn die Kinder noch klein sind, passiert lernen ganz natürlich. Denn das ist es auch - eigentlich sind wir alle neugierig und lernen gerne. Durch Druck und Stress, z.B. durch Noten, geht das oft verloren und das stört den Lernerfolg.
Kinder lernen besser selbstbestimmt
Wir Eltern haben oft das Gefühl, dass wir dafür verantwortlich sind, dass unsere Kinder erfolgreich lernen. Ich sage dir: Schule ist Aufgabe deines Kindes. Hab Vertrauen, gib die Verantwortung zurück.
Genau das sind übrigens auch einige Grundprinzipen meiner GerneLerner-Methode, mit der ich schon in viele Familien den Spaß am Lernen zurückgebringen durfte.
Die gemeinsame Zeit mit den Kindern ist zu kurz, um sie von Schule und Lernen bestimmen zu lassen. Lass uns das Lernen leicht wie Eis essen 🍦 machen.