Schon immer war ich stolz darauf, mehrere Sachen gleichzeitig zu machen, multitasking zu sein. ‚Das spart Zeit und ist nicht so langweilig, als wenn ich die Aufgaben nacheinander mache‘, so dachte ich immer. Auch wird uns Frauen oft nachgesagt, dass wir multitasking arbeiten können.
Ist es wirklich so?
Das stimmt nur bedingt! Es stimmt nicht, wenn sich das ‚multi‘ auf komplexe Tätigkeiten bezieht. Wenn wir etwas multitasking also gleichzeitig können, dann haben wir die Aufgaben schon automatisiert und müssen bei der Ausführung nicht mehr nachdenken. So können wir eine andere Tätigkeit hinzunehmen. Beispiel Autofahren: Über das Autofahren selbst denken wir nicht mehr nach – jedenfalls nicht, wenn wir schon geübte Fahrer sind. So können wir uns nebenbei zusätzlich noch mit unserem Beifahrer unterhalten. Hören wir aber z.B. einen Krankenwagen mit Blaulicht, erfordert das unsere gesamte Aufmerksamkeit. An ein vernünftiges Gespräch ist jetzt nicht mehr zu denken Wir müssen uns darauf konzentrieren, was wir als nächstes machen: Woher kommt das Geräusch? Ist es noch weit weg oder schon nah dran? Fahr ich jetzt schon rechts ran oder erst später?
Und manchmal denke ich dieser Erkenntnis zu trotzen. Ich nehme an einem Webinar teil und beantworte nebenbei E-Mails. Und was ist das Ergebnis? Ich kann mich weder an die Inhalte des Webinars noch an die Inhalte der E-Mails sicher erinnern. Mist, verschenkte Zeit!
Ein kleines Experiment: Bist Du Multitasker?
Meinst Du, Du kannst Multitasking? Dann probier bitte folgende Aufgabe, während Du die Zeit stoppst:
Schreibe das Wort Konzentration und darunter zählst Du die Buchstaben. Du hast also zwei Zeilen und es gibt zwei Möglichkeiten:
- Runde: Du schreibst K und gleich darunter 1, dann schreibst Du O und darunter 2… usw bis Du N und darunter 13 geschrieben hast.
- Runde: Du schreibst erst ‚Konzentration‘ zu Ende, dann darunter zählst Du die Buchstaben.
Bei welcher Runde hast Du länger gebraucht? Wenn Du bei der zweiten Runde schneller warst, dann geht es Dir so wie mir – Multitasking funktioniert bei uns beiden nicht.
Welche Auswirkungen hat Multitasking?
Neben dem Aspekt, dass ich mir weder den einen noch den anderen Inhalt ‚richtig‘ behalten habe, gibt es noch andere Auswirkungen:
- Ich bin gestresst, weil mein Gehirn immer wieder von einer Tätigkeit zu anderen springt und dadurch ermüdet es schnell.
- Mir passieren Fehler, insbesondere Flüchtigkeitsfehler. Da vergesse ich z.B. einen Anhang auf den ich in der Mail verwiesen, habe anzuhängen.
- Ich brauche viel länger für die Aufgaben, wenn ich sie parallel abarbeite, als wenn ich eine Aufgabe nach der anderen machen würde.
- Ich bekomme Kopfschmerzen.
- Ich bin frustriert, weil es doch alles länger dauert, und ich mich nicht mehr wirklich an die Inhalte erinnere.
Was hat das mit dem Lernen zu tun?
Multitasking ist der Versuch, mehrere Sachen gleichzeitig zu tun. Auch beim Lernen probieren wir es immer wieder. Da liegt dann das Handy neben den Hausaufgaben und wenn es ein Geräusch von sich gibt, zack… sind wir dran. Das Gegenteil von Multitasking ist Konzentration. Konzentration ist, sich zielgerichtet für eine bestimmte Zeit auf eine Sache zu fokussieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich jede Störung negativ auf die Konzentration auswirkt.
Wir sind bei einer Aufgabe 100% konzentriert. Dann werden wir gestört (Störung 1) und die Konzentration fällt auf 0. Nach der Störung bauen wir die Konzentration langsam wieder auf, leider erreicht sie nicht mehr auf das Niveau wie vor der Störung 1. Jetzt werden wir erneut gestört (Störung 2) und … zack… ist die Konzentration wieder weg. Nach der Störung 2 versuchen wir es wieder, uns zu konzentrieren. Und wieder erreichen wir nicht das Niveau von vor der zweiten Störung und wir brauchen wesentlich länger, um uns überhaupt wieder zu konzentrieren.
Insgesamt brauchen wir wesentlich mehr Zeit, um unsere Aufgabe zu erledigen bei einer wesentlich geringeren Konzentration.
Eine Störung kommt nicht immer nur von außen, es kann auch eine neue Tätigkeit sein, mit der ich meine alte unterbreche. Wenn ich z.B. einen Text schreibe, und dafür etwas heraussuchen muss, dann kann es mir passieren, dass ich bei der Recherche etwas anderes finde, was ich auch interessant finde. Und so bin ich von meiner ursprünglichen Tätigkeit total abgekommen.
Was ist die Lösung, um sich zu konzentrieren?
Bei Webinar und E-Mails liegt die Lösung nah: Ich bearbeite sie nacheinander. Aber was mache ich beim Lernen oder anderen Tätigkeiten, auf die ich mich voll konzentrieren möchte?
- Lege alle Störquellen aus dem Raum. Mir reicht es z.B. nicht, mein Handy nur auf Flugmodus zu schalten, ich lege es aus dem Zimmer. Auch an meinem Computer habe ich das ‚Pling‘ von ‚Hallo ich bin eine neue Nachricht. Lies mich sofort‘ ausgeschaltet.
- Schreibe störende Gedanken auf, die in nichts mit dem aktuellen Thema zu tun haben. Damit ist er festgehalten, und ich kann mich später darum kümmern. So kleben unheimlich viele Klebenotizen auf meinen Schreibtisch oder besser noch: ich schreib sie gleich in mein digitales oder Papier Notizbuch (ja, sowas habe ich noch!).
- Gebe störende Gedanken ihre Zeit! Wenn noch so viele Gedanken in Deinem Kopf sind, dann gib ihnen die Zeit. Hört sich komisch an? Probier es einmal aus. Lege einen Zeitrahmen fest und denke alles, was es zu denken gibt. Ganz wichtig dabei ist: Du darfst nicht vor der vereinbarten Zeit aufhören!
- Führe Selbstgespräche! Kommentiere das, was Du gerade machst. Damit ist Dein Kopf mit der aktuellen Aufgabe besetzt und andere Gedanken haben keinen Platz.
- Arbeite in einer aufgeräumten Umgebung – dazu gehört auch ein aufgeräumter Schreibtisch! Es gibt Studien, die belegen, dass eine äußere Aufgeräumtheit auch eine innere mit sich bringt. Kennst Du das auch, dass Du vor einer Aufgabe, bei der Du Dich voll konzentrieren musst, ersteinmal die Spülmaschine ausräumst oder Socken zusammenlegt? Nun haben Kinder selten den Drang, Wäsche zu sortieren. Aber Gummibärchen nach Farben – dazu lassen sie sich schon eher überreden. Ok, mein Schreibtisch sieht manchmal immer noch aus wie es im Kopf eines Jugendlichen in der Pubertät aussieht.
- Schließe Facebook und Co.! Wenn ich bei einer Recherche andere interessante Dinge finde, dann lasse ich den Tab für später, wenn ich für diese Dinge Zeit habe, geöffnet. Facebook und Co bleiben in der Zeit, in der ich mich konzentrieren möchte, aus.
- Lege alle Dinge hin, die Du für Deine Aufgabe benötigst! Weiß ich von vornherein, dass ich bestimmte Dinge für meine Arbeit benötige, z.B. das iPad, um zu zeichnen, dann lege ich es mir schon zu Beginn neben mir, um ohne Störung weiterarbeiten zu können. Auf das Lernen übertragen bedeutet das, dass alle Schreibutensilien, Taschenrechner, Geodreieck und Co. bereitliegen, wenn die Matheaufgaben gemacht werden sollen.
Bärbel Gerhardt hat weitere interessante Tipps, wie Du Dich beim Arbeiten organisierst, damit Du am Ende des Tages das Gefühl hast, dass Du etwas geschafft hast.
Übrigens, beim Schreiben von diesem Artikel musste ich sogar die Notbremse ziehen. Ich konnte mich partout nicht mehr konzentrieren. Da ging nichts mehr! Ich habe dann einfach eine Pause gemacht, bin raus gegangen und habe meinen Kopf freibekommen. Danach ging es wieder! (… und damit gibt es nun zwei Geständnisse in dem Beitrag :-))
Welche Tricks hast Du auf Lager, um Dich zu konzentrieren oder sogar zwei Dinge gleichzeitig zu machen?
Lass‘ die Neugier in Deinen Alltag!
__________________________________
Hast Du Lust auf mehr? Mehr frische und motivierende Tipps rund um das Thema Lernen? Dann hüpf‘ rein in meinen Newsletter und hol‘ dir meinen regelmäßigen Trixi KlönSchnack!
Super Artikel zum Thema Multitasking. Vielen Dank dafür und auch für die Verlinkung :-).
Vielen Dank! Ich finde, unsere beiden Artikel ergänzen sich wunderbar!
Danke für diesen hilfreichen Artikel. – Ich habe ihn gleich meiner Tochter weitergeleitet, die sich auch super gerne beim Lernen ablenkt.
Für mich selbst habe kürzlich ein Bullet Journal (ohne Schnick Schnack – direkt nach der Anleitung von Ryder Caroll begonnen und dort kann ich all die 100 Dinge, die mir während ich etwas erledige auch noch in den Kopf kommen festhalten, sodass ich z.B. nicht gleich den Browser öffnen und etwas recherchieren muss, weil es mir gerade einfällt. – Das ist quasi die „Profivariante“ von „Schreibe störende Gedanken auf“, weil es garantiert, dass man am Ende auch alles wiederfindet… 🙂
Ich bin gespannt auf weitere Lerntipps von dir!
Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit genommen hast, meinen Artikel zu lesen! Bullet Journal finde ich auch super! Ich habe es Papier Notizbuch genannt 🙂 Da klebe ich dann auch mal die Post-it’s rein, ohne sie vorher abzuschreiben. Hauptsache, sie sind alle an einem Platz. Ryder Caroll würde die Hände über den Kopf zusammen schlagen 🙂 Toll, dass Du für Dich eine Möglichkeit gefunden hast, Dich zu organisieren und zu konzentrieren. Demnächst erstelle ich eine Konzentrationstreppe. Diese zeigt Schritt für Schritt Deinen ganz eigenen Weg, wie Du Dich gut konzentieren kannst – oder eben Deine Tochter. Vielleicht ist das etwas für sie?